ORF nachlese April 2023

Multitalent Speichel

Gesundheitstipp von
Univ. Prof. Dr. Siegfried Meryn
Rund einen Liter Speichel produziert ein erwachsener Mensch pro Tag. Es handelt sich um ein geschmack- und geruchloses Sekret, welches von Drüsen in der Wangen-, Gaumen- und Rachenschleimhaut gebildet wird. Hauptverantwortlich sind drei große Drüsen: die beidseitig angelegte Ohrspeicheldrüse, die „Verdünnungsspeichel“ produziert, ein dünnflüssiges, eiweißarmes Sekret, das etwa ein Viertel der Gesamtspeichelmenge ausmacht; die ebenfalls beidseitig angelegte Unterkieferspeicheldrüse, die einen klaren, eiweißhaltigen und schwach fadenziehenden „Gleitspeichel“ bildet, der etwa zwei Drittel der täglich produzierten Speichelmenge ausmacht; und die Unterzungenspeicheldrüse, die ebenfalls für einen eiweißreichen „Gleitspeichel“ verantwortlich zeichnet. Daneben gibt es noch zahlreiche kleine Speicheldrüsen in der Wangen-, Gaumenund Rachenschleimhaut sowie im Zungengrund.
Das im Speichel enthaltene Eiweiß ist ein Schleim, Muzin genannt, der sich an der Wand der Mundhöhle wie auch der Speiseröhre, des Magens und Darms anlegt und sozusagen der Schmierstoff ist. Zudem enthält er Ammoniak, Harnsäure und Harnstoff, etwas Folsäure und Vitamin C. Auch Elektrolyte wie Natrium und Kalium sind enthalten; außerdem Verdauungsenzyme. Der wichtigste Vertreter ist die Alpha-Amylase (Ptyalin), die Kohlenhydrate (Stärke) zerlegen kann.

Die Aufgaben

Ohne Speichel könnte man vieles nicht schlucken oder schmecken. Er feuchtet die Mundhöhle an, was für eine klare Aussprache wichtig ist. Durch eine andauernde Spülung hält er Mundhöhle und Zähne sauber. Bei Nervosität wird der Mund trocken, bei gutem Essen läuft einem sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen. Doch der Speichelfluss kann auch gestört sein.

Übermäßige Speichelproduktion

Sie kann eine Nebenwirkung mancher Medikamente sein oder Symptom einiger neurologischer Erkrankungen wie etwa Morbus Parkinson. Ein Zuviel an Speichel, auch als Hypersalivation bezeichnet, kann die Art und Weise, wie man spricht, isst und Kontakte knüpft, stark beeinträchtigen. Vermeiden Sie Nahrungsmittel und Getränke, die die Speichelproduktion anregen können (etwa Saures) und sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie betroffen sind. Wenn sich die Zusammensetzung des Speichels etwa infolge einer Krankheit oder Medikamenteneinnahme verändert, kann sich ein Speichelstein bilden – ein hartes Konkrement aus Bestandteilen des Drüsensekrets. Sie können den Ausführungsgang einer Speicheldrüse verstopfen, wodurch die Drüse anschwillt. Eine akute Ohrspeicheldrüsenentzündung (Parotitis) wird durch Viren oder Bakterien verursacht. So ist das Mumps-Virus ein häufiger Grund für die schmerzhaft geschwollene Drüse.

Zu wenig Speichel

Mundtrockenheit hingegen kann auf Flüssigkeitsmangel oder Stress zurückzuführen sein, aber auch Begleiterscheinung von Diabetes mellitus oder einer Krebstherapie sein. Meist ist ein trockener Mund ein vorübergehendes Phänomen. Oft hilft es schon, ausreichend zu trinken, damit wieder ausreichend Speichel fließt. Kaugummi zu kauen oder zuckerfreie Zuckerln zu lutschen, regt den Speichelfluss an. Zudem sollte man auf eine ausreichende Luftfeuchtigkeit achten und auf scharfe Speisen verzichten. Hält die Mundtrockenheit jedoch länger an oder ist sie von Schmerzen beim Kauen, Schlucken oder Sprechen begleitet, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um der Ursache auf den Grund zu gehen.

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